Es war einmal…

Jeder kennt und liebt Märchen. Sie begleiten uns von Kindheit an, in Geschichten, Filmen und Werbung treffen wir immer wieder auf Märchenmotive, sie sind Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Märchen sind kulturspezifisch und international zugleich – oft „wandern“ sie, tauchen in verschiedenen Versionen in mehreren Sprachen und Ländern auf und enthalten dabei doch viele Elemente, die Ausdruck einer ganz bestimmten Kultur sind. Ein hochinteressantes Thema für Übersetzer und Translationswissenschaftler also.

Dieses Interesse wird nun durch ein gemeinsames, sprachenübergreifendes Projekt des FTSK und der MGLU mit einer besonderen Form der Sprachmittlung vereint: dem sogenannten Relaisübersetzen. Bekannt ist das Verfahren vom Dolmetschen, wenn bei Konferenzen eine Rede aus einer (meist seltenen) Sprache erst z. B. ins Englische gedolmetscht wird und die Dolmetscher in den anderen Kabinen den Text dann, ausgehend von dieser „Relaissprache“, weiter in ihre Mutter-/Arbeitssprachen übertragen. Aber auch beim Übersetzen wird diese Methode eingesetzt: Beispiele sind die Übertragung mongolischer Erzählungen über das Russische oder chinesischer und arabischer Romane über das Englische in weitere Sprachen.

Seit Oktober 2017 übersetzen Studenten Märchen aus ca. zwei Dutzend Sprachen – von „großen“ wie Englisch, Französisch oder Arabisch über „kleinere“ wie Niederländisch und Polnisch bis hin zu solchen, die offiziell gar nicht auf dem Stundenplan stehen, wie Katalanisch, Ukrainisch, Kurdisch oder Usbekisch. Hinzu kommen Minderheitensprachen in Russland. Die deutschen bzw. russischen Übersetzungen, die in Germersheim und Moskau entstehen, werden anschließend ausgetauscht und über die Relaissprachen Deutsch und Russisch weiter übersetzt. Am Ende entstehen also dreisprachige Fassungen (Original-Deutsch-Russisch bzw. Original-Russisch-Deutsch), die veröffentlicht werden sollen.

Dabei erweitern die Projektteilnehmer nicht nur ihr praktisches Wissen über das literarische Übersetzen, sondern zeigen auch auf eindrucksvolle Weise die Kultur- und Sprachenvielfalt an beiden Universitäten.

Gemeinsames Projekt von MGLU
(Moskau) und JGU (Mainz).
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